Pressemitteilung vom 28. April 2016
150 Millionen Euro für einen neuen Intendantenvertrag?
Alle fünf Jahre kann sich Bonn kein neues WCCB leisten
Rund 150 Millionen Euro könnte die Stadt Bonn die Verlängerung des im nächsten Jahr auslaufenden Intendantenvertrages von Bernhard Helmich kosten. Das ist das Vorha- ben, das Kulturdezernent Martin Schumacher nach Informationen des Stadtsportbundes derzeit „in geräuschlosen Verhandlungen“ versucht durchzusetzen. Verlängert werden soll der Vertrag möglichst noch vor Einbringung und Beratung des Doppelhaushaltes
2017/18. Vorab. Ohne öffentliche Diskussion, praktisch im Hinterzimmer!
Dieser Vertrag würde die Stadt bis zum 31.07. 2023 rechtlich binden “Alle fünf Jahre ein neues WCCB! Das ist die Größenordnung, um die es hier geht”, sagt SSB-Finanzchef Achim Dehnen. Die Kulturzuschüsse in Höhe von jährlich 67 Mio € machen mehr als
die Hälfte des strukturellen Haushaltsdefizites der Stadt Bonn aus.”
Der Stadtsportbund ist angesichts dieser Zahlen in extremer Sorge, dass der Stadt die angestrebte Haushaltskonsolidierung nicht gelingt, ohne die Bürger bald mit neuen Steuern zu belasten oder vielen Bevölkerungsgruppen weitere Zuwendungen zu kürzen. “Wir haben es in den letzten Monaten erlebt, dass vielen Bevölkerungsgruppen, die auf freiwillige Leistungen der Stadt angewiesen sind, Gelder gestrichen wurden. Ob Kitas oder Büchereien, Ganztagsschulen oder Jugendeinrichtungen – alle mussten und
müssen leiden.
Die einzige Bevölkerungsgruppe, die bisher von Sparmaßnahmen kaum betroffen ist, ist die der Hochkultur”, sagt SSB-Vorsitzender Michael Scharf. “Wir sind – auch im Hinblick auf die Umsetzung des geplanten neuen Bäderkonzeptes – in Sorge, dass der Bau eines neuen Hallen- oder Kombibades oder eben die Sanierung des Frankenbades und des Kurfürstenbades finanziell für die Stadt nicht möglich sein wird. Es ist an der Zeit, dass die Politik endlich begreift, dass die überhöhten Kulturzuschüs-
se, die noch aus Hauptstadtzeiten rühren, zurückgeführt werden müssen!”
Für SSB-Finanzchef Achim Dehnen gibt es dafür allerdings kaum Anzeichen. Die Kulturzuschüsse liegen mit 67 Millionen Euro pro Jahr bzw. 5,9 Prozent vom Gesamt- haushalt bis 2019 unverändert hoch. Bund oder Länder geben dagegen nur rund 0,8 Prozent bzw. zwei Prozent dafür aus. “Die Bezirksregierung hat die Stadt bei der Ge- nehmigung des Doppelhaushaltes 2015/16 und des Haushaltssicherungskonzeptes 2015 bis 2024 angewiesen, bis zum 30. Juni dieses Jahres Maßnahmen darzulegen, wie einem weiteren Anstieg entgegengewirkt werden kann. Sie soll entsprechende Kon- solidierungsspielräume benennen. Auch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW hat in ih- rem Prüfungsbericht kritisiert, dass Bonn im Vergleich der freien Städte einwohnerbezo- gen die höchsten Ausgaben hat, die doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt NRW
sind.
Alle Aufforderungen zu Senkung der Kulturzuschüsse prallen aber an der Bonner Kulturverwaltung und der Politik offenbar völlig ab: Das ursprünglich angedachte Spar- ziel des Theaters wurde von acht Millionen Euro auf 3,5 Millionen ab 2021gesenkt, der beschlossene Sparbeitrag im Vertrag des neuen Generalmusikdirektors des Beethove- norchesters wurde komplett zurückgenommen – und das Kunstmuseum beteiligt mit der
Privatisierung des Wachdienstes marginal an der Haushaltssanierung.
Angesichts dieser Fakten fordert der Stadtsportbund jetzt eine öffentliche Diskussion über den neuen Intendantenvertrag. Auch werden Stadt und die Parteien aufgefordert, diesen Vertrag auf keinen Fall vor Verabschiedung des Doppelhaushalts 2017/18 zu be- schließen. “Wir haben festgestellt, dass schon 2012 der Intendantenvertrag vor den da- maligen Haushaltsberatungen und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit geschlossen wur- de. Das wollen wir diesmal angesichts der drohenden Millionenausgaben für die Stadt durch die Sanierung der Beethovenhalle (60 plus x Millionen Euro), der Oper (75 plus x Millionen Euro) sowie des Risikos aus dem WCCB-Prozess gegen die Sparkasse
(80 Millionen Euro) auf jeden Fall vermeiden”, sagt Dehnen.
“Die Bürger sollen wissen, welche folgenschweren Entscheidungen hier anstehen und mitreden können, wofür ihre Steuern ausgegeben werden. Die Politik wird ihrer hohen Verantwortung für eine Stadt im Haushaltssicherungskonzept nicht gerecht, wenn sie eine Ausgabe von 150 Millionen Euro ohne Wissen der breiten Mehrheit der Bürger einfach durchwinkt”, so Dehnen. Schließlich gelte der Amtseid der Ratspolitiker dem Wohle der gesamten Stadt und ihrer Bevölkerung. Beim kürzlich tagenden Bäderbeirat habe die Ratskoalition ihren kurzfristig eingebrachten Prüfantrag an die Verwaltung mit ihrer Aufsichtspflicht und der Sorge um den Haushalt begründet. „Aber wo ist diese Amtsverpflichtung jetzt bei den wesentlich höheren Ausgaben für die Hochkultur? Diese kritisch zu hinterfragen, ist für die Zukunft der Stadt viel entscheidender“, so Michael
Scharf.
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