Die Wochen nach einer Bundesligasaison und vor einer Fußballweltmeisterschaft öffnen den Blick für neue Horizonte. Das dachte sich auch der Redakteur des „Soester Anzeigers“, als er seinen Artikel mit der Überschrift: „ Die meisten Babys verstehen Chinesisch“ versah. Zu meinem Leidwesen muss ich gestehen, dass ich Chinesisch inzwischen verlernt habe. Es wieder zu lernen, wird sicherlich einfacher sein, als Sepp Blatter beizubringen, dass man Wiederwahl oder Vergabe einer Fußball-WM auch korruptionsfrei vornehmen kann. Wie wäre es, man vergibt neu die Weltmeisterschaft 2022 nach Australien vor der Vergabe 2026 nach Quatar und zwar dann in die angenehmen dortigen Wintertemperaturen ? Für den Sepp ist das eine sicherlich zu schlichte Denkweise. Mich würde aber interessieren, wie meine Leser das sehen. Der Soester wird aber von einem Kollegen der FAZ noch übertroffen. Dieser weist darauf hin, dass Fußballer nicht gut reden können müssen. Man sollte es ihnen nachsehen, wenn sie „die Sprache handhaben wie Fische Fahrräder“. Wie machen die das?
Ich habe einmal die Summe der Weltranglistenplätze in jeder Gruppe ermittelt. Danach sind m.E. die Gruppen am ausgeglichensten, d.h. am schwierigsten, die die niedrigste Gesamtzahl aufweisen. So waren die Gruppen Italien, Uruguay, England, Costa Rica und Deutschland, Portugal, Ghana, USA mit Abstand die stärksten Gruppen. Dann kommt lange nichts. Am leichtesten hatten es die Argentinier mit Iran, Nigeria, Bosnien-H’gowina.
Aufgefallen ist mir, dass sich vor Anpfiff des ersten Spiels vornehmlich Ökonomen mit Vorhersagen tummelten. Das sind die, die in der Regel börsenrelevant falsch liegen, aber wie Stehaufmännchen anschließend erklären können, warum ihre Prognose nicht eintraf. Prof. Vecer ist an Frankfurts Uni zuständig für das Finanzwesen. Er hat statistisch festgestellt, dass Flanken eine Verschwendung von Chancenpotential ist. Was war in den ersten Spielen passiert? Die meisten Tore fielen durch Flanken oder Eckbälle, die ja auch Flanken sind. Damit war er mit seiner Hypothese aus dem Rennen.
Das aber ließ das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht ruhen. Ihre Hypothese lautete: Geld schießt Tore. Danach wird Spanien wieder Weltmeister, weil es die teuerste Mannschaft hat (Marktwert 622 Millionen). Prompt wurden sie von den Niederlanden mit 1 : 5 und von Chile mit 0 : 2 entzaubert. Das deutsche Team wird nach DIW als zweitteuerste Mannschaft im Achtelfinale gegen Russland, im Viertelfinale gegen Frankreich und im Halbfinale gegen Brasilien spielen. Hoffen wir, dass sie nicht so schnell entzaubert werden. Irgendeiner im Institut hat dann doch noch die Kurve gekriegt. Er äußerte bei der Qualität der Besten entscheide die Tagesform und der Zufall. Damit liegt er zumindest richtig. Darauf wären wir alle nicht gekommen. Der Filou macht sich damit unangreifbar.
So sind wir bei den ARD/ZDF Reportern angekommen. Da erkannte Tom Bartels beim Spiel Uruguay vs. Costa Rica 1 : 3: „In den ersten dreißig Minuten hat U. den Zufall mit eingeplant.“ Beim Spiel Argentinien vs. Bosnien-Herzegowina 2 : 1 sind die „argentinischen Zuschauer hörbar leise geworden“ und „die nächsten Gegner werden sich beim Zusehen die Fingernägel abgeknabbert haben“. Auch das Spiel Schweiz vs. Ecuador 2 : 1 muss festgehalten werden. Reporter Wolf Dieter Poschmann foulte aus Ärger über das langweilige Spiel der Eidgenossen zunächst in Richtung Shaquiri: „Da hat das Müsli vorher nicht gestimmt“ und über das Passspiel „wenn die Pässe so präzise wären wie die Frisur sitzt“ oder „der bei der Schweiz, der den Ball hat, ist die ärmste Sau“. Es machte sich nämlich keiner die Mühe, in der Hitze sich frei zu laufen. Dann kam auch hier der Spray des Schiedsrichters vor dem Freistoß zur Anwendung. Herrlich, wie der Schiri einem Schweizer, der nicht zurück wollte, einfach den Spray über die Schuhe zog und ihn ermahnte, jetzt sich ja nicht mehr zu bewegen. Da sind auch Scherzkekse unterwegs.
Leider war in den Gruppenspielen die Leistung der Schiris zum Teil erschreckend schwach oder man bevorzugte gleich ganz offen den Gastgeber Brasilien wie es der aus Japan gleich beim ersten Spiel praktizierte mit einem Elfmeter als Gastgeberbonus. Brasilien vs. Kroatien 3 : 1 hatte größte Mühe. Oscar schoss das dritte Tor mit dem letzten Tropfen Benzin, d.h. mit der Pike.
Beim Spiel Mexiko vs. Kamerun 1 : 0 schossen die Latinos zwei und die Afrikaner ein korrektes Tor. Alle drei wurden nicht anerkannt. Dieser Schiri kam aus Kolumbien. Jetzt fragen alle, warum der kolumbianische Schiedsrichter Clavijo, der als Linienrichter tätig war und zwei korrekte Tore der Mexikaner als Abseits bewertete, von der FIFA nicht mehr eingesetzt wird und die FIFA darüber extra eine Presseerklärung abgibt? Katastrophale Leistungen der Unparteiischen quittiert man in der Regel mit Schweigen und stiller Suspendierung vom Dienst. Was war hier vielleicht im Spiel?
Zur Unterstützung der Schiedsrichter bestand dagegen die neu eingeführte Torlinientechnik ihren Härtetest bei einer ganz schwierigen Situation beim Spiel Frankreich vs. Honduras 3 : 0. Benzemas Schuss an den Pfosten war zunächst kein Tor. Dann zeigte das Gerät aber an, dass der Torwart anschließend den Ball selbst hinter die Linie beförderte. Das Gerät schaltete unmittelbar danach auf „Tor“ um. Das ist sehr zu begrüßen, auch für die Bundesliga. Kein Schiedsrichter hätte ohne diese Technik das Tor anerkannt. Der Schiedsrichter bekommt im Falle eines Tores ein Signal auf seine Uhr und weiß dann, der Ball war hinter der Linie. Beim Spiel Argentinien vs. Iran 1 : 0 lag der serbische Schiedsrichter Mazic einmal daneben und verweigerte bei einem klaren Foul den Iranern beim Stand von 0 : 0 einen Elfmeter. Erst in der Nachspielzeit rettete einmal mehr Messi die Latinos mit einem späten Tor. Dabei hatten sie von Anfang an mit ihrer kompletten Artillerie begonnen, nämlich mit Messi, Higuain und Agüero. Im Spiel Nigeria vs. Bosnien-H’gowina 1 : 0 erkannte der Schiedsrichter aus Neuseeland das 1 : 0 von Dzeko nicht an. Ein völlig korrektes Tor. Da muss man wieder einmal fragen, warum die FIFA nicht die besten Schiedsrichter zum Einsatz bringt, sondern einer Verteilung nach Kontinenten den Vorzug gibt.
Joachim Löw hat die Mannschaft in Südtirol auf den Wettbewerb vorbereitet, so gut es eben ging. Nach dpa ließ er sich von seiner Erfahrung leiten: „ Aus Erfahrung weiß ich, dass die Zeit bis zu einem Turnier immer kürzer wird.“ Darauf kommt man nicht so leicht.
Das fulminante 4 : 0 der deutschen Mannschaft vs. Portugal hatte auch in der Art, wie es herausgespielt wurde, niemand erwartet. Ronaldo zeigte „Übersteiger“ ohne Ende, blieb aber wirkungslos. Dann machten ihn die deutschen Abwehrspieler auch noch lächerlich. Er, der die Freistöße wie ein Erschießungskommando zelebriert, wusste zweimal nicht, was er machen sollte. Die Deutschen ließen ihn nämlich schießen und stellten gar keine Abwehrmauer auf. Härter kann es einen nicht treffen.
Den angekündigten Kampf auf Biegen und Brechen lieferte beim 2 : 2 Ghana der deutschen Mannschaft. Die Deutschen konnten Stand halten. Müller, einst von Trainer Gerland „Radio Müller“ genannt, weil immer auf Sendung, außerhalb wie innerhalb des Platzes, war nicht so dominant. „Aber sie waren ein Team“, meinte Reporter Bartels, „ vom Kapitän bis zum letzten Mitarbeiter, dem Teammanager.“ Diesen Ausrutscher korrigierte er sofort. Mir hat er gut gefallen, bestätigt er meine Meinung zu Bierhoff. Erinnern wir uns: In Ghanas Team standen sechs Spieler, die als U21 gegen Brasilien schon einmal Weltmeister wurden. Mit dem Schlusspfiff erlitt Müller um die Augenbraue eine Platzwunde, die stark blutete. Er sei siebenmal genäht worden, wusste Moderator Opdenhövel. „Was“ staunte Mehmet Scholl, war das etwa der Zeugwart ?“ Die beiden flachsen sich bei inhaltlicher Tiefe trotzdem die Bonmots zu, wie das im ZDF die beiden Oliver, nämlich Welke und Kahn auch tun. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Lieb gewonnen habe ich den Iraner Timotian. Beim Spiel Iran vs. Nigeria 0 : 0 mähte er seine Gegenspieler erst um und half ihnen dann – ganz Kamerad – wieder auf die Beine. Hatte ein Gegenspieler nach einer Attacke einen Wadenkrampf, half er ihm selbstlos wie er nun mal ist, flugs wieder auf die Beine. Erst kurz vor Schluss raffte es auch der Schiedsrichter und zeigte ihm die gelbe Karte.
Aufgrund der äußeren Bedingungen schöpfen die Trainer ihr Einwechselpotential voll aus. Das war in der Zeit, in der Heinz Höher noch Amateurnationalspieler war ( Ende der 50-iger, Anfang 60-iger Jahre ) noch nicht möglich. Einmal wurde ihm bei einem Olympiaqualifikationsspiel das Schienbein aufgeschlitzt. Das Blut strömte. Trainer Georg Gawliczek schrie ihn an: „ Wenn Du jetzt rausgehst, operiere ich Dich und zwar sofort hier auf dem Platz !“ Höher hielt aus Angst vor G. bis zum Ende durch.
Recht früh im Turnier gab es die erste Sensation. Spanien, Weltranglistennummer 1, schied als erstes Team aus dem Turnier. „Canarias7“, sonst nicht verlegen in derber Fußballsprache, rang mit den Worten, um neue negative Sprachgipfel zu erklimmen. Ich will es anders erklären: 1588 ging die Weltseemacht Spanien mit ihren großen und übermächtigen Schiffen im englischen Ärmelkanal unter. Was war passiert ? Die zahlenmäßig weit unterlegenen Engländer mit ihren niederländischen Verbündeten – die fürchteten um ihre Seehäfen – nervten die an sich weit überlegene Armada mit ihren kleinen wendigen Kriegsschiffen und schickten die Dickschiffe nacheinander auf den Boden der Nordsee.
Mit Tiki-Taka, den kurzen scharf und schnell zugespielten Pässen, bei dem der Gegner nach ca. 25 Minuten nur noch hinterher hechelt, eroberten die Spanier die Weltmacht im Fußball. Zwei Europameisterschaften hintereinander und eine Weltmeisterschaft belegten die Überlegenheit dieser Strategie. Da andere Fußballnationen auch nicht blöd sind, wurden Gegenstrategien entwickelt. Diese führten die Holländer und Chilenen vor. Dagegen hatte man spanischerseits keinen Plan B. Als erstes Team flogen sie geschlagen und gedemütigt nach Hause. Es schwang bei Reporter Gottlieb schon echtes Mitgefühl, als der gerade ausgewechselte Xavi auf der Bank aufstoßen musste. „ Xavi macht Bäuerchen“, war sein verständnisvoller Kommentar. In Spanien hat nicht nur ein König abgedankt. Moderator Opdenhövel meinte ätzend dazu: „ Schicken wir Tiki-Taka nach Taka-Tuka“? Guardiola muss sich zukünftig in München etwas einfallen lassen.
Es war nobel, als spanische Zeitungen wie El Pais nach der Kritik sich besannen und sich beim Team und Trainer Del Bosque für sechs wundervolle Jahre bedankten und sich vor der Mannschaft verneigten. Zum verflixten 7. Jahr hatte es nicht mehr gereicht. Emotionen, Zweikampfhärte, Körpereinsatz, Gerissenheit und Schnelligkeit als neue tragende Elemente im Spiel lassen Tiki-Taka so aussehen, wie wir Bayern München zuletzt gegen Real Madrid erlebten, als man über die Münchener sagen konnte: Die wollen ja nur spielen.
Nach der WM- Auslosung vor einem halben Jahr titelte die englische Sun in großen Lettern: „Gott helfe uns“. Er hat nicht geholfen. Mit ihnen schied ein weiterer ehemaliger Weltmeister aus. Es ist unglaublich, wie viel Fußballer in allen Teams spielen und ihr Geld in der englischen Premier League verdienen. Das genau ist das Problem der englischen Nationalelf. Talente werden nicht aufgebaut, weil ein fertiger Star aus der Portokasse des Scheichs schnell geholt ist. Das Ausscheiden ist wahrlich keine Überraschung.
Die Sportberichterstattung auf den Kanaren hat nach dem Scheitern Spaniens sofort umgeschaltet und seitenweise über das Aufstiegsspiel zur 1. spanischen Liga zwischen Las Palmas (Gran Canaria) und Cordoba berichtet. Das kann man nur mit dem „Bonner Generalanzeiger“ vergleichen, der auch jeden Pups eines amerikanischen Basketballspielers in den Diensten der Telekom abdruckt, obwohl das keinen Menschen interessiert. Nach dem
1 : 1 zwischen Las Palmas und Cordoba schrieb die Canarias7 ganze 23 Seiten über das Spiel. Cordoba steigt wegen eines Tores in der 94. Minute auf und wird statt Las Palmas in der kommenden Saison zum Prügelknaben der Primera División.
Nach Spanien räumten die Holländer auch Australien ab. Ihre Flexibilität war dominant. Die Aussies drehten in der Deckung fleißig die Betonmischmaschine und teilten mit ihrem eckig-kantigen Laufstil reihenweise Hämatome aus. Offensichtlich hatten sie in der Vorbereitung eine Rugbymannschaft mit hinzugezogen. Dagegen verteidigte man sich holländischerseits mit hohen Bällen aus der Gefahrenzone. Robben: „ Ich habe in der 1. Halbzeit mehr Flugzeuge gesehen als Bälle bekommen.“ Es zeigte die Qualität der Holländer, dass sie sich mit 2 : 3 letztendlich doch durchsetzten. Das bestätigten sie mit dem 2 : 0 gegen Chile. Allerdings hatte der Holländer Blind seine Flex dabei, denn er mähte bei jedem Konteransatz der Chilenen den ballführenden Spieler um, um den Konter zu stoppen. Taktisches Foul nennt man diese Unsportlichkeit beschönigend. Nach dem gefühlten 25. Foul erhielt er vom Schiedsrichter aus Gambia die hochverdiente gelbe Karte. Gleichwohl hat van Gaal sein Ziel erreicht. Fünf Spieler in der Defensive überbrücken mit langen Bällen das Mittelfeld und vorne richten es die Weltklassespieler Robben und van Persie. Lediglich sein Intimfeind Cruyff zeigte sich nicht begeistert.
Ich kann mich nicht erinnern, eine italienische Mannschaft nach ca. 60 Minuten so platt erlebt zu haben, wie beim mit 1 : 0 verlorenen Spiel gegen Costa Rica. Nach der 60. Minute hat da jemand den Stecker gezogen. Dabei verwehrte der Schiedsrichter den Mittelamerikanern einen klaren Elfmeter. Kurz danach erzielten sie dann doch das 1 : 0. Reporter Tom Bartels:
„ Es gibt doch noch Gerechtigkeit auf der Welt.“
Diese Gerechtigkeit wurde aber im nächsten Spiel Schweiz vs. Frankreich 2 : 5 gleich infrage gestellt. Der Franzose Giroud verletzte den Schweizer Abwehrchef von Bergen so sehr, dass dieser mit einem Bruch der Augenhöhle ins Krankenhaus musste. Der holländische Schiedsrichter gab noch nicht einmal Gelb. Kurz danach köpfte dieser Schurke das 1 : 0 für Frankreich. Fast wäre es ihm gelungen, noch einen zweiten Schweizer krankenhausreif zu treten. So gut Frankreich gespielt hat, aber auf diesen Typen müssen die Unparteiischen achten. Genau das hat der Schiri von der Elfenbeinküste beim Spiel Frankreich vs. Ecuador
0 : 0 nicht gemacht. In der 87. Minute rammte Giroud seinem Gegenspieler den Ellbogen ins Gesicht. Obwohl es die Franzosen nicht nötig haben, war zu Anfang des Spiels sein Landsmann Sakho mit eben einer Tätlichkeit (auch ein Ellbogencheck) ungeahndet davon gekommen.
Wer sich an Filme mit Bud Spencer/Terence Hill oder die glorreichen Sieben erinnert, der weiß, wie Mexikaner fuseln können. So ist es auch in Brasilien. Die quirligen Fuzzies sind immer unterwegs. Ab der 70. Minute hatten sich die bis dahin tapfer wehrenden Kroaten die Hintern wund gelaufen, waren platt wie Flundern und verloren danach noch prompt mit 3 : 1. Dabei ist das Auftreten Mexikos, 0 : 0 gegen Brasilien, mehr als ein Achtungszeichen. So wurden sie 2012 in London Olympiasieger. Ähnlich wie Mexiko spielt Chile. Mit laufintensiver Rudelbildung auf den ballführenden Gegner schnüren sie den Gegner ein und stürmen über vertikal vorgetragene Angriffe. Brasilien wird sich im Achtelfinale warm anziehen müssen.
Eine Weltmeisterschaft lebt auch vom fröhlichen Favoritenabnippeln. Jetzt hat es Italien erwischt. Dabei standen ihnen zwei Draculas im Wege. Einmal hat Schiedsrichter Rodriguez aus Mexiko diesen Spitznamen, zum anderen benahm sich Uruguays Spieler Suarez so. Was war passiert ? Mitte der zweiten Halbzeit stellte der Mexikaner den Italiener Marchisio wegen eines eher harmlosen Fouls vom Platz. Kurz danach biss Suarez den Italiener Chiellini in die Schulter. Alle auf dieser Welt haben es gesehen, bis auf den Schiedsrichter und seinen Linienrichter. Danach gab es einen Eckball und Urus Kapitän Bodin köpfte zum 1 : 0 ein. Pirlo, mit dem Temperament einer Wanderdüne, gelangen zwar noch einige schmucke Pässe aus dem Fußgelenk, aber kein Tor. Einem Reporter erklärte ein Uru-Spieler den Grund für den Sieg in einfachen Worten: „ Mit dem Strick um den Hals spielst Du einfach engagierter.“ Hoffentlich ist Chiellini gegen Tollwut geimpft. Suarez ist nämlich ein Irrer. Suarez hat nicht zum ersten Mal gebissen. Einmal passierte das in den Niederlanden, zum anderen in England. Das ist ein Wiederholungstäter. An diesem Biss arbeiteten die Kommentatoren Kahn und Welke den Übergang zwischen Psychologie und Pathologie heraus. Wie einst bei Belá Rethys Anamnese statt Diagnose glänzten sie durch Nichtwissen. Jetzt ist der Beißer neun Spiele gesperrt. Hoffentlich erscheint er in Uruguays Mannschaft nie wieder.
Wir alle wissen, wie wichtig das Knie für jeden Fußballer ist. Jetzt wurden schon zwei Tore mit diesem Körperteil erzielt. Einmal von Götze, der vorher noch seine Nase an den Ball brachte und nun vom Argentinier Rojo im 3 : 2 gewonnenen Spiel gegen Nigeria, der besten afrikanischen Mannschaft. Aber auch die Argentinier, die bisher nur von Messi am Leben gehalten wurden, werden immer besser. Das scheint auch eine echte Turniermannschaft zu sein.
Portugal und Ghana ( 2 : 1 ) haben sich verabschiedet. Deutschland, dank des 1 : 0 durch den Starkstromfußballer Müller sind wie die USA eine Runde weiter. Ein überragender Jermaine Jones bei den USA allein reichte nicht aus. Belgien ist mit drei Siegen weiter, Algerien reichte das 1 : 1 gegen Russland.
Nun werden in den KO-Spielen die Karten neu gemischt. Unter den ersten 10 der Weltrangliste sind Deutschland ( 2 ), Brasilien ( 3 ), Argentinien ( 5 ), Schweiz ( 6 ), Uruguay ( 7 ), Kolumbien ( 8 ), also sechs von zehn weiter. Bis auf Ecuador sind alle fünf südamerikanische Teams noch im Wettbewerb. Sie messen sich mit sechs europäischen Mannschaften, zwei afrikanischen und dreien aus Mittelamerika, inclusive USA. Asien und Australien/Ozanien sind nicht mehr dabei.
Am Morgen danach, meinte der Moderator im WDR, dass heute (27.06.) spielfrei sei, da könne man tolle Sachen machen. Ein Hörer aus Wanne-Eickel bestätigte das umgehend und schlug vor, man könne sich mal wieder mit seiner Frau unterhalten.
Die Idee ist so originell wie der Witz, den ich tags zuvor in der FAZ las. Der polnische Außenminister Sikorski speiste mit dem ehemaligen polnischen Finanzminister Nincent-Rostowski. Sikorski erzählt ihm von dem alten Herrn, der in ein vornehmes Warschauer Bordell geht. Sagt die Puffmutter ganz überrascht zu ihm: „ Sie sind ja heute schon zum dritten Mal da!“ Da antwortet der Caballero: „ Verdammt, mit dieser Vergesslichkeit bumse ich mich noch zu Tode.“
Siegbert Heid, 30.06.14